Überlastung ist der häufigste Grund für Beschwerden an der Achillessehne
Die Achillessehne reißt meist beim Sport. Jedoch nicht, weil ein Spieler den Gegenspieler rücksichtslos in die Ferse tritt. Das ist eher selten. Meist ist die stärkste Sehne des menschlichen Körpers überlastet, etwa durch eine schnelle Belastungssteigerung, ohne dass ein Aufbautraining stattgefunden hat. Plötzliche Kraftbewegungen wie Sprint, Sprünge oder ein blitzartiger Richtungswechsel sind dann gefährlich. Das ist häufig der Fall bei Sportarten wie Tennis, Fußball, Volleyball, Leichtathletik oder Langstreckenläufen. Ein Knall, ähnlich einem Peitschenhieb, markiert den Riss der bis zu 1 cm dicken Sehne. Sie verbindet die Ferse mit dem Schienbein. Zum Schutz vor akuter Überlastung rät die DGOU allen, die über den Winter mit dem Sport pausiert haben, mit einem einfachen Trick in die Trainingssaison zu starten: „Wir raten dazu, die Sehnenstruktur und Wadenmuskulatur zunächst mit regelmäßigen Dehn- und Kräftigungsübungen vorzubereiten und die Sportaktivität langsam zu steigern“, sagt DGOU-Präsident Prof. Dr. Andreas Seekamp. Ein Beitrag zum aktuellen Therapiestandard der geschädigten Achillessehne ist jetzt in der Mitgliederzeitschrift Orthopädie und Unfallchirurgie – Mitteilungen und Nachrichten (OUMN) erschienen.
Ein weiterer Tipp lautet: Beschwerden wie stechende Schmerzen in der Ferse oder Schwellungen an der Sehne ernst nehmen. Damit signalisiert die Achillessehne Überlastung – man spricht dann von einer sogenannten Tendinopathie. „Wir raten dann dringend zu einer kurzfristigen Schonung, Anpassung der sportlichen Belastung und Überprüfung der sportlichen Technik, um eine weitere Verschlechterung zu verhindern. Es drohen sonst lange Ausfallzeiten von mehreren Wochen“, sagt Prof. Dr. Thomas Tischer, Leiter der DGOU-Sektion Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS).
Intrinsische Faktoren können Verletzung begünstigen
Erholt sich die Achillessehne innerhalb von sechs Wochen nicht, sollten Betroffene einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie aufsuchen. „Wir schauen dann, ob es weitere ungünstige Einflüsse auf die Achillessehne gibt“, erklärt Prof. Dr. Christina Stukenborg-Colsman, Präsidentin der DGOU-Sektion Deutsche Assoziation für Fuß und Sprunggelenk (D.A.F.). Neben der schnellen Belastungssteigerung bei untrainierter und ermüdeter Wadenmuskulatur und unzweckmäßigem Schuhwerk gibt es nämlich noch sogenannte intrinsische Faktoren, die eine Verletzung begünstigen können. Dazu zählen eine unterschiedliche Beinlänge, Fußfehlstellungen, muskuläre Dysbalancen oder die Vorschädigung der Achillessehne durch Degeneration oder Stoffwechselerkrankungen. „Häufig lassen sich Haarrisse feststellen. Die Sehne sollte dann nicht weiter strapaziert, sondern gezielt behandelt werden“, sagt Stukenborg-Colsman. In diesen Fällen stehen konservative Heilbehandlungen zur Verfügung, wie beispielsweise die Trainingstherapie oder die Extrakorporale Stoßwellentherapie. „Während früher die Entlastung im Vordergrund stand, nutzen wir heute mit der Trainingstherapie die gezielte Lasteinwirkung auf die Sehne. Damit werden Heilung und Regeneration der Sehne angeregt“, erklärt Tischer. Als wissenschaftlich ernüchternd hat sich mittlerweile die Therapie mit Kortison-Spritzen herausgestellt: Mehrere Übersichtsarbeiten verdeutlichen lediglich kurzfristige Effekte durch weniger Schmerzen. Langfristig jedoch gibt es weder eine Abnahme der Schmerzen noch funktionelle Verbesserungen. Aufgrund negativer Auswirkungen auf die Sehnenstruktur sollte auf Injektionen mit Kortison bei Tendinopathien verzichtet werden.
Beim frischen Achillessehnenriss stehen konservative und operative Therapieoptionen zur Verfügung. Minimal-invasive Nahttechniken, wie im OUMN-Beitrag genauer beschrieben, dienen der sicheren und stabilen Adaptation der Sehnenenden unter Erhalt des für die Regeneration wichtigen Hüllgewebes bei minimalem Operationsrisiko. Ziel ist es, eine Verlängerung der Beschwerden bzw. eine erneute Ruptur der Sehne zu vermeiden und die Muskelkraft und Ausdauer in der Wadenmuskulatur durch eine funktionelle Nachbehandlung schnell wiederherzustellen. „Eine Rückkehr zu sportlichen Aktivitäten sechs Monate nach dem Riss der Achillessehne gelingt 80 Prozent der Patienten“, sagt Prof. dr. Stefan Rammelt, 1. Vizepräsident der D.A.F.
Verschiedenen Quellen zufolge kommt der Achillessehnenriss hierzulande schätzungsweise 16.000- bis 20.000-mal vor.
Für einen guten Start in die Trainingssaison und zum Schutz der Achillessehne geben Orthopäden und Unfallchirurgen folgende Tipps:
Übungen für die Konditionierung der Muskel-Sehnen-Einheit: Mit der ersten Fußhälfte auf die Treppenstufe stellen. Der hintere Fuß/die Ferse hängt in der Luft. Dann den Fuß nach oben abdrücken, für zwei Sekunden halten und danach nach unten absenken, 2 mal 15 Wiederholungen 3 mal täglich.
langsame Belastungssteigerung beim Training, wenn vorher pausiert wurde
Vorsicht bei wechselndem Bodenbelag und schlechtem Schuhwerk: Der Fuß sollte immer stabil gebettet und gestützt sein.
Beschwerden ernst nehmen: Besser die Belastung anpassen oder mit dem Sport pausieren, als einen Sehnenriss riskieren.
Das sind die Symptome der akuten Tendinopathie:
Schmerzen in der Ferse und im unteren Bereich der Wade
stechende Schmerzen nach Ruhe und/oder Schmerzen bei Belastung
Rötung und Überwärmung an der Ferse und um die Achillessehne
So stellt der Arzt fest, ob die Sehne verletzt oder gerissen ist:
Ausführliche Anamnese: Der Arzt fragt nach dem Beschwerdebild, dem Ort und Zeitpunkt des Schmerzes sowie der Art der Belastung.
Palpation: Der Arzt prüft, ob die Sehne durchgängig zu tasten ist. Bei einem Riss ist eine Lücke in der Sehnenkontur spürbar und Verletzte können ihren Fuß nicht mehr nach unten strecken.
Sonografie: Der Arzt schaut sich mit einer Bildgebung die Sehnenstruktur an. Er erkennt degenerative Veränderungen, Entzündungen, eine Verdickung sowie das Adaptationsverhalten der Sehnenstümpfe bei Sehnenrissen.
Quellen zum Download:
1) Wenn die stärkste Sehne des menschlichen Körpers schmerzt, Orthopädie und Unfallchirurgie – Mitteilungen und Nachrichten (OUMN), 1-2024
Quelle:Pressemittteilung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU)